Im Jahr 1983 wurde bei Liz Blows ein Diabetes diagnostiziert. Sie richtete sich in ihrem neuen Leben mit strenger Dät und regelmäßigen Injektionen ein und machte im übrigen ohne Aufhebens weiter.
Sechs Jahre später starteten Liz und ihr Mann, David, in ein langwieriges Verfahren: Sie wollten zwei Kinder adoptieren. Es war in dieser Zeit, dass Liz erstmals eine merkwürdige Verhärtung in ihrem Oberbauch verspürte. „Ich führte es auf die Belastungen durch die wöchentlichen Befragungen im Adoptionsverfahren zurück“, erinnert sich Liz. Im weiteren Verlauf verspürte Liz immer neue Symptome, z.B. Kreuzschmerzen und Angstgefühle auch bei harmlosen Vorfällen. Eine Reihe von Tests blieb ohne besonderes Ergebnis. Aber in den folgenden Jahren kamen immer mehr Symptome hinzu.
„Ich wurde immer unbeweglicher. Und bei Geräuschen, Berührungen oder überhaupt unerwarteten Dingen fuhr ich zusammen, als wäre ich mit Hochspannung in Berührung gekommen. Ich entwickelte eine irrationale Furcht, Straßen zu überqueren. Das Bücken wurde schwierig, und Rücken, Hals und Gliedmaßen wurden immer steifer“, sagt Liz. „Als jemand, der immer beschäftigt gewesen war, Leute traf und ganze Nächte durchtanzte, musste ich mich jetzt dauernd entschuldigen, weil ich wieder einmal irgend etwas nicht machen konnte.“
Liz’s Hausarzt war ratlos und vermutete am Ende, dass sie es im Kopf habe. Sie konsultierte viele Ärzte, versuchte alternative Therapien, aber nichts half. Schließlich hielt es ein Neurologe für möglich, dass Liz ein Stiff-man-Syndrom hat, sagte ihr aber, das sei doch eigentlich sehr unwahrscheinlich, denn das Syndrom sei sehr selten und er habe in seinem langen Berufsleben als Neurologe noch keinen einzigen Fall gesehen. – Das Syndrom hat eine Prävalenz von 1 auf 1 Million.
„Als David und ich die Praxis des Neurologen verließen, war mir plötzlich völlig klar dass die von ihm vermutete Diagnose stimmte. Niemals vorher in meinem ganzen Leben war ich so erschrocken.“
Nach viele Untersuchungen und sieben Jahre nach den ersten Symptomen war sicher, dass Liz von einem Stiff-Man-Syndrom betroffen ist.
Das Stiff-man-Syndrom(SMS), auch Stiff-person-Syndrom genannt, ist eine seltene neurologische Krankheit, als deren Ursache ein Autoimmunprozess vermutet wird. Wohl die meisten Patienten haben noch eine weitere Autoimmunkrankheit, am häufigsten einen insulinabhängigen Diabetes. Die ersten Symptome setzen schleichend ein und werden fälschlich, wie bei Liz, als psychologisches Problem oder Depression gedeutet. Primäre Symptome sind schmerzhafte Muskelkrämpfe, Steifheit des Stamms und der Gliedmaßen, gesteigerte Schreckhaftigkeit, Angst und Phobien für bestimmte Aufgaben. Am häufigsten beginnt die Krankheit um das 45. Lebensjahr herum. Die Symptome können sich im Verlauf von Monaten oder Jahren entwickeln. Fortschreitende Steifheit der Muskulatur erschwert das Gehen und kann zur völligen Bewegungsunfähigkeit der Betroffenen führen. Die Furcht vor offenen Räumen, oft erkennbar als Angst, über die Straße zu gehen, kann Muskelsteife und -krämpfe und Stürze auslösen.
Als Reaktion auf die Diagnose bemühten sich Liz und David, alles zu lernen, was über das Syndrom bekannt ist, aber es gab nur sehr wenige Informationen. Bei ihren Recherchen erfuhren sie aber den Namen eines in den USA mit SMS lebenden Mannes. Liz kam mit ihm in Kontakt und durch ihn auch mit einem anderen Betroffenen in England.
„ Es ist kaum möglich, meine Erleichterung zu beschreiben, als ich jemanden sprechen konnte, der verstand, was ich durchgemacht hatte“, erklärt uns Liz. Damals wurde ihr bewusst, dass eine Art Netzwerk von Kontakten für ihre Leidensgefährten und sie benötigt wird. Als ideenreiche und zielstrebige Frau nahm sie die Sache in die eigene Hand und gründete eine gemeinnützige Patientenhilfe, die SMS Support Group.
„Ich war von Vereinen nicht wirklich begeistert, aber unter diesen Umständen musste man einen Patientenverein gründen, denn was ich erlebte, war einfach unglaublich: Keines der Mitglieder, die zu unserer Gruppe kamen, hatte vorher einen Gleichbetroffenen gekannt. Nun waren sie erleichtert, keine ‚Außerirdischen‘ zu sein“, sagt Liz. Die Gruppe begann damit, die Menschen mit SMS zum Erfahrungsaustausch miteinander in Verbindung zu bringen. Hierbei war die Gruppe enorm erfolgreich, sie hat in England jetzt etwa 100 Mitglieder, und es bestehen Verbindungen nach Deutschland, Spanien und darüber hinaus.
„Jetzt ist unsere wichtigste Aufgabe, das SMS stärker bekannt zu machen“, sagt Liz.
Zu Recht ist sie über die Tatsache stolz, dass seit der Gründung der Gruppe die Diagnose eines SMS in England erheblich schneller gestellt wird und dass in naher Zukunft Forschungsprogramme über die Krankheit beginnen.
„Einige Tage sind besser als andere“, erklärt Liz. „Die Schwere meiner Symptome kann von einem Moment zum anderen wechseln. So kann es passieren, dass ich innerhalb einer Minute nicht mehr machen kann, was eben noch ganz leicht war. Und ich kann nicht voraussagen, wann die Symptome sich verschlechtern. Es gibt keine Warnsignale, mein Körper wird steif, und schon liege ich am Boden.“
„Meine Arbeit in der Patientengruppe gibt mir ein Ziel“, sagt Liz, „und ich bin eine sehr hartnäckige Frau.“
Liz kann nicht mehr Nächte durchtanzen, aber sie tanzt immer noch in Gedanken und hilft anderen, dass auch sie es tun.
Online-Gemeinschaften für Patienten mit seltenen Krankheiten
Die National Organization for Rare Disorders (NORD) in den USA hat angekündigt, dass 2010 im Rahmen ihres Programms für klinische Forschung für fünf seltene Krankheiten (darunter auch das Stiff-person-Syndrom) Forschungsmittel vergeben werden. Die Deadline für das Einreichen von Abstracts oder Absichtserklärungen an NORD ist der 17. Mai 2010.
Informationen und Antragsformulare für die 2010 NORD Research Grants sind auf der NORD WebSite oder von Ms. Putkowski erhältlich. Fragen oder Bitten um Antragsformulare können an sie unter (800) 999-NORD oder research@rarediseases.org gerichtet werden.
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